2. Die Illusion von Jugend und ewigem Glück
Der Jugend- und Schönheitswahn wirkt ähnlich: Wir werden verführt, den Tod auszublenden. Das rächt sich, wenn wir (oder andere, die wir lieben - ob Mensch oder Tier) älter und gebrechlich werden, oder gar wenn der Tod an der Tür klopft. Die Schrekhaftigkeit des Todes kommt für viele daher, dass er in ihrem Bewusst-Sein nicht mehr zum Leben gehört.
Und wir haben auch verlernt zu trauern. Nicht von ungefähr heisst es: Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden - Mt 5,4.
Wer dem Götzenbild der guten Gefühle huldigt, zahlt einen hohen Preis: Wir werden verführt, unsere Gefühle zu manipulieren und vom unserem Leid, wie auch vom Leid anderer Menschen und vom Leid der Tiere abzuwenden - was in der globalisierten und medialisierten Welt immer schwerer wird. Dadurch entfremden wir und von uns selber und werden leichte Beute für Marketingexperten, die bekantlich keine Produkte, sondern gute Gefühle verkaufen.
3. Überlebensstrategien
Deswegen ist es wichtig, uns unserer Strategien bewusst zu werden, wie wir verhindern, Gefühle zu fühlen, um die Illusion des Glücks aufrecht zu erhalten:
- Wir betäuben unsere Fähigkeit zu fühlen: Wir fühlen nichts, selbst wenn wir schreckliche Szenen im Fernsehen sehen. Auf diesem Weg büssen wir Lebendigkeit ein.
- Wir nutzen das Leid der Welt, um in Notzeiten als Retter zu handeln – sei es durch Spenden, Aktionen oder Ratschläge – um unser geringes Selbstwertgefühl aufzuwerten. Nicht, dass Hilfe nicht nötig wäre, aber aus dem richtigen Grund. Wenn wir helfen wollen, um unser Leid zu vermeiden, können wir Schaden anrichten. Dies zeigt sich zum Beispiel im Bereich der Blindspenden zur Rettung von Tieren. Sie auch Sich selber verschenken.
- Wir errichten Mauern auf, um das Leid der Welt nicht wahrzunehmen. Fernseher ausschalten. Wir kapseln uns ein, wir schauen weg. Das scheint an der Oberfläche zu funktionieren, aber wenn wir nicht autistisch sind, gibt es eine Instanz in uns, die Bescheid weiss und weiterhin darunter leidet. Es ist ein Zeichen der Reife und Selbstverantwortung, den Fernseher ausmachen, Nachrichten nicht lesen, weil mich das überfordert und weil ich verantwortlich mit mir umgehen möchte.
Jedoch riskieren wir auf diesem Weg einen inneren Konflikt zu erschaffen, welches - wenn er ungesehen bleibt - langfristig negtive Folgen haben kann. Um dem abzuhelfen, empfehle ich, innerlich - ohne Nachrichten, Bilder etc zu sehen - den Leidenden mein Mitgefühl mitzuteilen und mich auch dafür zu entschuldigen, dass ich hier abschalten muss, um zu überleben. Ein Teil von mir bleibt unbewusst in Verbindung und gibt weiter Trost.
4. Die Sucht nach Seminaren und Experten
Auf diesem Markt der guten Gefühle wird die Tür zur Sucht weit geöffnet; nicht notwendigerweise die Sucht nach Drogen. Diese Suche kann leicht zur Sucht werden; Sucht nach guten Gefühlen selbst, Sucht nach Workshops, Therapeuten und andere Experten. All das kann süchtig machen – was nicht nur Geld kostet, sondern vor allem unsere Zeit unseres Lebens.
Das Problem entsteht dadurch, dass wir auf diesen Wegen nicht lernen, unsere tatsächlichen Gefühle zu fühlen; im Gegenteil: wir verlernen, unangenehme Gefühle auszuhalten; und mit der Zeit werden wir auch unfähig, angenehme Gefühle auszuhalten. Wir fühlen unsere eigenen, authentischen Gefühle immer weniger bis gar nicht. Stattdessen verdrängen wir sie, verleugnen sie oder reagieren uns ab, was zu Problemen und Konflikten in unseren privaten oder beruflichen Beziehungen führt.
5. Verzerrte Wahrnehmung der Realität
Auf dem Markt der positiven Gefühlen wird uns eine rosa-rote Brille verkauft: Wir lernen unsere Gefühle zu manipulieren und Unangenehmes aus unserer Wahrnehmung auszuschalten.
Aber es gibt auch Menschen, die immer in negativen Gefühlen baden: Aggression, Angst und Wut oder Bitterkeit begleiten ihr Alltag. Auch sie nehmen die Welt und das Leben verzerrt wahr; sie tragen keine rosa sondern eine grau-schwarze Brille. Und obwohl die Ursachen dieser Gefühlen meist in ihrer Kindheit liegen, könnte auch sein, dass durch unsichtbare Ausgelichs-Mechanismen, die Verbreitung der grau-schwarzen Brille von der Anzahl deren abhängt, die die rosa-rote Brille tragen und Schmerz, Angst und Wut in sich verdrängen.
Uns unserer Gefühle bewusst zu werden, ist wichtg, manchmal sogar lebenswichtig, damit wir die Umwelt unverzerrt wahrnehmen und angemessen darauf reagieren können. Nur so können wir für uns und für unsere Liebsten sorgen. Wer seine Gefühle manipuliert, lernt, sich manipulieren zu lassen und merkt nicht, wie er oder sie von anderen für ihre Zwecke genutzt wird.
6. Gefühle ausagieren verhindert Fühlen
Wenn Sie Gefühle ausagieren, verhindern Sie sich daran, zu fühlen - ob Schmerz, Liebe oder Hass. Ich rede nicht von einem Lächeln oder Tränen, sondern von Jammern, lauter Ausdruck der Freude, oder lautes Weinen und dergleichen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wer sich betäubt hat, ist taub in beiden Richtungen: Ich denke an die Nachbarin, die immer so gut drauf ist, um ihre Ängste nicht spüren; an den Kollegen, der so laut und mechanisch lacht, jedoch bar jeglicher Wärme und Lebendigkeit, da ist der Bekannte, der es nicht aushält, einen Abend allein zuhause zu verbringen; und auch die Furie oder das cholerische Alpha-Tier, der glaubt, dass es gesund ist, nichts in sich zu behalten, jedoch keine Ahnung von seinen inneren Tränen hat. Alle weichen ihren Gefühlen aus.
Und da gibt es noch dandere, die Stille suchen, anstatt sich abzulenken: Sie suchen Stille ab und zu in einem Urlaub, vielleicht sogar im Kloster; sie empfinden es am Anfang vielleicht als stressig, dann, später, als wohltuend - aber wie lange bleiben sie dort?
Ich ging jahrelang täglich ins Fitnessstudio, um zu verhindern, meine innere Verzweiflung und Angst zu spüren. Später ging ich aus dem selben - mir unbewussten - Grund täglich in die Kirche. Als ich damit aufgehört habe, liess ich irgendwann zu, das zu fühlen, was ich die ganze Zeit vermied: Verzweifllung, Angst und Schmerz. Das Problem war jetzt, dass ich die "Dosen" unwillentlich und unkontrollierbar kontrollierte - als ob eine Instanz in mir Angst hatte, dass ich mir zu viel zumute.
Eines Tages merkte ich, dass ich keine Angst mehr davor habe, meine Angst und Schmerz zu fühlen. Kurz darauf spürte ich eine Erleichterung, eine Entspannung, eine Freude des Wiedersehens - als ob ich etwas gefunden hatte, was mir schon längst fehlte. Der Schmerz verschwand kurz danach, die Angst hielt noch ein wenig an, aber nicht lange.
Heute habe ich den Mut, meine Angst und meinen Schmerz zu spüren, wenn sie auftauchen, aber ich bin immer glücklich: Es ist das Glück, wiederzufinden, was man verloren hat, sich ganz für spüren und das Leben zu 100% zu erfahren.
Eingefrorene Gefühle
Wenn wir Gefühlen ausweichen - ob wir sie nun verleugnen oder ausagieren, - bleiben sie in unserem Körper eingefroren, und unser Leben verliert an Lebendigkeit.
Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden - Mt 5,4
Wer nicht trauert, kann nicht getröstet werden..
Erlauben wir uns, Gefühle zu fühlen,- was freilich Mut, Kraft und auch etwas Zeit kostet -, werden wir merken, wie sich diese Gefühle ändern:
- Anstelle von Taubheit spürem wir jetzt Schmerz oder Wut.
- Wo Wut war, ist jetzt vielleicht Schmerz.
- Wo Schmerz war, spüren wir vielleicht Ohnmacht.
- Wo Ohnmacht war, spüren wir vielleicht Frieden, Weite und sogar Liebe.
Sie werden mehr Vertrauen und mehr Klarheit in Leben haben, wenn Sie lernen, Ihre negativen Gefühle zu akzeptieren, weil dann werden Vermeidungstrategien entbehrlich und das Leben auf der Flucht for sich selber hat ein Ende.
Selbstehrlichkeit heilt uns
Für Fortgeschrittene gilt: werden Sie achtsamer, fragen Sie sich öfters: Wie fühle ich mich jetzt? Was fühle ich jetzt? Um Gefühle auszuhalten, muss man sich zuerst ihrer bewusst werden. Wenn wir lange genug dabei bleiben, wird es in uns allmählich stiller, wärmer, lebendiger, heller.
Wenn wir durch alle überlagernden Schichten hindurch gehen und zu jenem tiefen Schmerz kommen, und uns dort bejahen und spüren, erfahren wir eine erlösenden Ganzheit. Dies setzt eine Kraft frei, die in einer eigener Dynamik uns heilt. Manche mögen dies Gnade nennen.
Die Droge Machtgefühl
1. Die Illusion der Macht
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Macht zu haben ein Zeichen von Erfolg ist und keine Macht zu haben als Quelle von Leid gesehen wird. Aber diese Ansicht ist eine Hauptquelle von Leid und führt uns dazu, entweder in die Jagd nach Macht und Erfolg einzusteigen, oder zu leiden und als Verlierer zu leben.
All das sind Ego strategien, um seine Ohnmacht nicht einzugestehen, denn das würde sein Tod bedeuten. Das Ego will sich wichtig fühlen und gaugelt uns vor, dass es für uns unentbehrlich sei. Seine Strategien erschöpfen jedoch unsere Lebenskraft und zerstören die Umwelt und Beziehungen.
Wer geschafft hat, in einem Bereich seines Lebens etwas loszulassen, erfährt eine ihm oder ihr davor unbekannte Leichtigkeit und Freude.
Die Scheuklappen fallen weg und wir sehen neue Perspektiven im Leben. Das anstrengende Festhalten, das wie eine angezogenen Handbremse unsere Lebenskraft erschöpfe, verschwindet und wir erleben eine Art von Neugeburt.
Wahrscheinlich deswegen heisst es in der Bibel: So werden die Letzten Erste und die Ersten Letzte sein.
Wir müssen nicht abwarten, bis wir aus Erschöpfung, Krankheit oder burnout loslassen. Wir können bereits jetzt unsere Ohnmacht umarmen. Denn eigentlich angesichts der unermesslichkeit des Lebens sind wir alle ohnmächtig.
Es kostet allerdings Mut, sich das einzugestehen und den technischen Fortschritt neu zu sehen - als ein Produkt menschlicher Kreativität und Freude am Leben, und nicht als eine Mittel zur Kontrolle, Einengung und Zerstörung.
Und noch merh Mut kostet es, nicht nur die Einsicht, sondern auch das Gefühl der Ohnmacht auszuhalten.
2. Ohnmacht auszuhalten befreit
Das Geschenk der Ohnmacht besteht darin, dass wir uns mehr lebendig und weniger maschinenhaft fühlen; wir müssen weniger und dürfen mehr; wir legen unser Unverwundbarkeit-Korsett ab und bejahen den Teil in uns, der sich schwach, verwundbar und verwundet fühlt.
Diese Freude, einen Teil von uns wieder zu finden, wovon wir vergessen hatten, dass es existiert, ist nur erfahrbar, jedoch in Worten unbeschreiblich.
Wer aus der Ohnmacht des Ego in die Weite, kommt, findet Frieden und ist geheilt.
Nachdem wir gelernt haben, unsere Ohnmacht auszuhalten, können wir eine tiefere Heilung erlangen, wenn es uns gelingt, zurück in unsere Kindheit zu gehen, und dort - gedanklich - unsere Eltern mit ihrer Ohnmacht zu konfrontieren und ihr Schmerz auszuhalten - ohne dabei innerlich hart zu werden, sondern gelassen, innerlich weit und in Liebe bleiben.
Schicksalschmerz würdigen
1. Mein Wille geschehe!
Manchmal geht es auch nur darum, sich seinen Schicksalschmerz anzuschauen, ihm Raum zu geben. Schicksalschmerz will gewürdigt werden. Das kann uns die Würde zurück geben, die wir in der Hoffnungslosigkeit verloren zu haben glaubten.
Gibt es so etwas wie ein Leid-Schicksal? Wie gehen wir mit widrigen Umständen um?
- Dagegen kämpfen?
Auf Englisch heisst es so schön: What you resist persists.
Oder mit HUNA: Energie folgt Aufmerksamkeit.
Was wir bekämpfen wird nur noch grösser.
- Aufgeben und verbittern?
Nicht jeder will in dieser Opferhaltung bleiben.
- Annehmen und daraus Kraft schöpfen?
Hätte Jesus mit Wut reagiert, hätte er nicht die (Gottes)Kraft gehabt, sein Schicksal zu tragen.
Dazu ruft er auch andere auf: Wenn jemand mir nachkommen will, ... nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.
Wie können wir unser Schicksal annehmen?
Auf der Erde gibt es kein Leben ohne Leiden. Alles andere wäre Illusion oder gar Realitätsverweigerung. Aber nicht jedes Leiden ist unser Schicksal. Da stellt sich die Frage, was Kreuz ist, was Schicksal-Leiden ist, und was "hausgemachtes Leiden" ist.
2. Identifikationen, Ego und Schmerz
Wenn wir uns auf dem Weg des persönlichem Wachstum begeben, entdecken wir, wer wir wiklich sind, und was wir nicht sind: Wir sind nicht alle unsere Identifikationen und Selbst-Bilder! Dazu ruft eigentlich Jesus auf:
Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf täglich und folge mir nach! - Lukas 9,23
Wir sind nicht das, was wir denken, das wir sind, und insbesondere:
Wir sind nicht unsere Emotionen.
Wenn wir herausfinden wollen, wer wir wirklich sind, müssen wir zuerst all unsere Emotionen, gute und schlechte, all unseren Hass in unserer Seele finden und akzeptieren. Wir müssen sie finden und akzeptieren, ohne uns von ihnen kontrollieren zu lassen, ohne darauf zu re-agieren.
Vermeidungsstragegien
Es ist einacher vorzutäuschen, dass unser Glück nie existiert hat. - Aus dem Film Ugly beauty.
Um Schmerz NICHT auszuhalten, verwenden wir verschiedene Vermeidungsstrategien. Im folgenden liste ich das auf, was ich in Arbeit mit meinen Klienten beobachtet habe:
- Es ist leichter Gefühle auszuagieren, als sie auszuahlten.
Mobiliar zerstören, hysterisches lautes Weinen, Fremdgehen, sich in Arbeit stürtzen sind Wege, um zu vermeiden, Gefühle auszuhalten. Auch Sport wird manchmal zu einer sochlen Vermeidungsstragegie degradiert.
- Es ist leichter den anderen Vorwürfe zu machen und sie zu verurteilen, als unsere Gefühle zu fühlen.
Wir rationalisieren gerne unsere Gefühle und beginnen endlose diskussionen - ob zu Hause oder in den sozialen Medien. Und wir müssen Recht haben, denn sonst müssten wir unsere Gefühle aushalten.
- Wenn wir inne halten und fühlen, anstelle zu verurteilen, werden wir wahrscheinlich zuerst Wut fühlen.
Es ist die Wut, die wir mti Diskussionen und Recht-haben-wollen verdecken wollten.
- Es ist leichter Wut zu fühlen, als den Schmerz, verlassen worden zu sein.
Manche von uns wurden physich verlassen (Scheidung der Eltern, auch der Tod wird von Kindern als "verlassen werden" wahrgenommen.) Andere fühlten sich als Kinder innerlich verlassen.
Die Abwersenheit der Väter manch dem 2. Weltkrieg wurde von Mitscherlich thematisiert (Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft). Aber die innerliche Abwesenheit in der Familie, die Tatsache, dass Menschen für Beziehungen unverfügbar sind, ist so alt wie die Menschheit: Menschen im Schmerz, insbesondere wenn dieser Schmerz nicht gesehen wird, können nicht für die anderen da sein. Mütter leiden oft darunten, für ihre Kinder innerlich nicht da sein zu können; sie versuchen mit Kochen und anderen Haushaltsarbeiten es wieder gut zu machen.
Dieses Grundgefühl verlassen zu sein, wird von jeder anders empfunden: Manche fühlen sich abgelehnt, weggeworfen, unwichtig, vergegenständlicht oder nicht gesehen,
- Es ist leichter den Schmerz zu fühlen, verlassen worden zu sein, als ungeliebt zu sein.
Die kindliche Seele 'übersetzt' die innerliche oder faktische Abwesenheit der Eltern mit Sie lieben mich nicht, sonst wären sie für mich da.
- Es ist leichter den Schmerz zu fülen, ungeliebt zu sein, als sich nicht liebens-wert zu fühlen.
Kinder, wie auch Erwachsene, wenn sie sich ungeliebt fühlen, schliessen sie sofort daraus: Es liegt an mir, ich bin nicht liebenswert, sonst würden sie mich lieben.
- Es ist leichter sich nicht liebens-wert zu fühlen, als sich wertlos zu fühlen.
Wenn wir uns nicht liebenswert fühlen, finden wir oft dahinter ein Gefühl, wertlos zu sein. Manche empfinden es als eine existentielle Vernichtung, als ob sie kein Recht auf Leben hätten.
- Es ist leichter, im Schmerz zu verharren, wertlos zu sein und die anderen anzuklagen, als sich einzugestehen, dass man die ganze Zeit Unrecht hatte.
- Es ist leichter zu leiden, als zuzugeben, Unrecht zu haben.
Willst du Recht haben oder glücklich sein? Viele Menschen möchte lieber Recht haben als glücklcih sein. Menschen wollen Recht haben, meist um zu verhindern, Schmerz und Enttäuschungen zu fühlen. Aber manchmal ist es auch nur unser Ego, der Recht haben will.
Wer an diesem Punkt angelangt ist, kann zurück zum Anfangn gehen und sich fragen, warum alle so gehandelt und gedacht haben, wie sie es taten. So könne wir anfangen, die anderen und uns selber (!) zu verstehen.
So verschwindet langsam der Schmerz, welcher aus unseren Identifkatonen und aus unseren Erwartungen an uns und an andere kommt.
Leben in Unvollkommenheit
Dennoch werden wir immer wieder im Leben durch andere, durch ihre Handlungen oder Worte provoziert. Wir wollen in solchen Situationen so gut wie es geht vermeiden, darauf zu re-agieren, sondern erst unsere Gefühle erkennen und aushalten. Dann können wir auch das ansprechen, was geschehen ist, oder was gesagt wurde. Allerdings sollte dies möglichst ohne jegliche Angriffsenergie erfolgen.
Auch wenn die Handlungen der anderen unserer Meinung nach falsch waren, auch wenn es 'Sünde' war, sollten wir das ruhig ansprechen. Und wenn es uns nicht gelingt, es ruhig anzusprechen, wenn wir den anderen mit unseren Emotionen angreifen, sollen wir uns dafür entschuldigen - für den emotionalen Angriff, nicht jedoch dafür, etwas angesprochen zu haben, was in unseren Augen nicht OK war.
Wenn wir so für uns selber eintreten, können wir an Selbstachtung und Kraft gewinnen. Erst dann können wir unser Schicksal bejahen.
Schicksal - Leid scheint das zu sein, was an Gefühlen bleibt, wenn wir unser Schicksal annehmen. Und es scheint, dass es einen Sinn für unser Leben hat.
Trauern beim Übergang ins Neue
Wenn wir durch etliche Schichten von Schmerz und Trauer hindurch gegangen sind, kann es sein, dass wir das, was uns bislang einengte, losslassen können und wollen - sonst schreiten wir voran, aber einen Teil von uns verbleibt in der Vergangenheit. Der Schritt in diese neue Freiheit und Glückselligkeit überdeckt oft den Schmerz um das Verlust der alten Welt und des alten Selbstbildes. Auch diesen Verlust will betrauert werden. Naturvölker haben Passageriten um Menschen in bestimmte Lebenssituationen den Übergang ins Neue und das Loslassen zu erleichtern. Liebevolle Achtsamkeit für unsere Gefühle kann uns auch solche Türen öffnen.
Gedanken erzeugen Gefühle
Gefühle aushalten will jedoch gelernt werden: es heilt nur, wenn wir dabei jegliche Selbstmitleid-, Opfer- oder Rache-Gedanken loslassen, uns innerlich weit machen und - wenn es geht - in der Liebe bleiben. Eine Geisteschulung nach den 30 Impulsen für jeden Tag kann hier sehr hilfreich sein.
Es ist wichtig, wenn wir belastende Gefühle aushalten wollen, um schmerzenden Schwingungen aus unserem Körper zu entlassen, keine Bilder und Gedanken aus der Vergangenheit festzuhalten, sondern - in einer wertfreier annhemender Haltung - uns weit und durchsichtig zu machen und alles zuzulassen.
Wenn wir mit Bildern und Gedanken aus der Vergangenheit immer wieder neue schmerzenden Gefühlen erzeugen, wären solche Übungen nur masochistisch. Wenn wir uns jedoch dabei weit machen und Opfer - Täter Gedanken vermeiden, niemand verurteilen, dann kann sich die in unserem Körper und Seele gespeicherte Vergangenheit ändern.
Das Geschenk der negativen Gefühlen
Der Markt bietet heute unzählige Wege und Angebote, negative Gefühle zu vermeiden - ob Aromatherapie, NLP, Motivationsseminare, Hypnose, Mantrasingen etc etc. Das führt nur dazu, dass wir „auf der Flucht“ leben: "weg von" anstelle von "hin zu". Denn solange wir weglaufen, können wir gar nicht rausfinden, wohin wir wollen.
Ich habe erfahren, dass es oberflächige negative (wie auch positive) Gefühle gibt, die nur dazu dienen, die tieferen Schmerzen zu verdecken. Wenn wir jedoch jene Urwunde finden, die in der Regel schon die Eltern in ihrem Leben eingeschränkt hat, und wenn wir dann der Versuchung widerstehen, nach einem Heilmittel oder Heilweg zu suchen, dann .... kommen Angst, Schmerz und letztendlich ein schmerzlich-süsses Gefühl: Etwas, was die ganze Zeit gefehlt hat, ist da, wir sind „ganz“, vollständig, nichts fehlt. Der Schmerz wandelt sich dann in Freude, eine grundlose und bedingungslose Freude.
Die Buddhisten sprechen von Glücklich sein ohne Grund. Ganzwerdung ist gewiss Voraussetzung dafür.
Anregungen
Wer will, kann heute Folgendes ausprobieren:
Wenn negative Emotionen hochkommen - das kann auch Widerstand gegen etwas sein -, dann:
- inne halten,
- schweigen und
- zulassen,
und
- diesen Widerstand und die aufkommende Wut spüren,
- der Versuchung zu argumentieren widerstehen und den Hang dazu aushalten,
- in einer offenen Haltung Neues einladen.
1. Der Weg zur Selbsterkenntnis
Solchen Widerstand sollten wir ernst nehmen; er kann zum Schlüssel werden zu nicht gelebten Teilen von uns, die in der Kindheit abgespalten wurden und jetzt gesehen und integriert werden wollen.
Also nicht wegdenken, nicht wegargumentieren, denn das wäre ein Schnitt ins eigene Fleisch!
Angenommen, ein solcher abgespaltener Teil von uns wartet hinter diesem Widerstand und möchte in seiner Not entdeckt, möchte wieder an die Brust genommen, möchte verstanden werden in seiner damaligen Not: Wo wir auf diese Not antworten, öffnet sich die Chance zu mehr Lebendigkeit, Offenheit und Verfügbarkeit für Beziehungen JETZT.
In seinem Text Schmerz ist unvermeidbar, Leiden ist optional geht Rudolf auf den Prozeß ein, negative Gefühle auszuhalten.
Mit diesem Impuls geht es mir darum, einen Weg aufzuzeigen, um anzunehmen was ist:
- positive und negative Gefühle,
- darunter liegende und vergrabene Gefühle,
- eigene vergessene oder verleugnete Wahrheiten,
- abgelehnte und abgespaltene Teile des Selbst.
Dieser Weg führt zur Selbsterkenntnis, Selbstvergebung und Selbstannahme. Die nicht-zugelassenen Gefühle sind Teile von uns, die bislang abgespalten waren. Durch Verleugnung oder Unterdrückung entfernen wir uns immer mehr von uns selbst. Wer durch den Schmerz geht, findet sich selbst, meist ein inneres Kind, das wir vor langer Zeit verlassen haben.
Für mich ist dies der Weg zum Glück, welches dem Frieden im Herzen und in der Seele entspringt. Bis wir es finden, fühlen wir uns als Opfer anderer, wir fühlen uns nicht gut genug, wir suchen Besserung durch Veränderung und verwechseln Glück mit Schmerzfreiheit.
Wir leben in einem 'Vergleichs-Modus': gut gehen ist besser als schlecht gehen Wann geht es mir gut? Wann geht es mir schlecht? Wir suchen im Aussen, wobei der Schlüssel im Innen liegt. Oder wir resignieren und hören auf zu hoffen, dass es einen Schlüssel gibt. Wenn wir aus dem Vergleichs-Modus in den Seins-Modus wechseln, finden wir nicht nur Frieden und Glück, sondern auch die Ewigkeit.
Wenn der Geist aber nicht mehr vergleicht, beurteilt, bewertet, und deshalb fähig ist zu sehen, was ist, von Augenblick zu Augenblick, ohne es verändern zu wollen - in einer solchen Wahrnehmung liegt das Ewige. - Jiddu Krishnamurti
2. Bei Blockaden und unerträglichem Schmerz
Im Prinzip gilt:
Alles ändert sich, es sein denn, wir unterdrücken es.
Wer diesen Weg geht, wer Zeit und Kraft darin investiert, sich seiner Gefühle bewusst zu werden - was eigentlich eine Form von Meditation ist -, erfährt, wie das, was er oder sie fühlt, sich ändert - manchmal innerhalb von Minuten, manchmal über mehrere Tage oder gar Wochen. Aus "nichts fühlen" wird Traurigkeit, aus Traurigkeit wird Wut, aus Wut wird Schmerz, aus Schmerz wird Angst usw.
Nach einem solchen Prozess fühlen wir uns idealerweise besser, ruhiger, mehr in Kontakt mit uns selbst, zuverlässiger im Hinblick auf die Zukunft, kraftvoller, oder in Neudeutsch empowered.
Dennoch kann es sein, dass wir auf Blockaden oder unerträglichen Schmerz stossen. In solchen Fällen kann ein spiritueller Seelsorger und Gestalttherapeut - also solche verstehe ich mich - helfen. In meiner Erfahrung haben solche Blockaden (ein klassisches Beispiel ist nicht losslassen können, egal wie schmerzvoll eine Situation ist) eine oder mehrere der folgenden drei Ursachen:
- Meist gibt es Verbindungen zu emotionalen Feldern, die viele Menschen als "frühere Leben" bezeichnen. Ich erkläre solche Phenomäne als Resonanzen zwischen den Schwingungen, die wir in uns tragen und externen Schwingungsfeldern. Die Bezeichnung frühere Leben ist jedoch sehr anschaulich, wenn auch nicht als Erklärung unabdingbar.
In solchen Fällen kommt die emotionale Ladung in der aktuellen Situation aus solchen Resonanzen. Siehe auch Interventionen.
Wie ich mit solchen belastenden Resonanzen arbeite - manche mögen lieber von Erfahrungen in früheren Leben sprechen - und Menschen helfe, dies zu beenden, habe ich unter Fallbeispiele beschreiben.
Im Grunde geht es darum, ein Bild ; eine Metapher, eine Geschichte zu finden, das/die am besten dem aktuellen emotionalen Befinden entspricht. Wenn der Körper des Klienten darauf reagiert, ist das ein Zeichen, dass wir in diesem Bild / dieser Geschichte einsteigen können um dort Missverständnisse zu klären, Einsicht und Achtsamkeit zu bringen, Schmerz und Liebe zu finden, was zum Seelenfrieden und Vergebung führt.
Ich beschreibe diesen Weg als Metaphoric healing , Heilen durch Geschichten oder finishing unfinished business, siehe auch Wege zur Vergebung.
Nach diesem Prozess schauen wir wieder auf die gegenwärtige Situation und stellen fest, dass sich die emotionale Ladung (in der Gegenwart) geändert hat
- Manchmal sind es auch Verstrickungen im Familiensystem. Hier ermutige ich Klienten zunächst zu sehen was ist. Anschliessend stelle ich das, was ist, in einem grösseren Kontext. Diese Erweiteruing des Blickfeldes ermöglicht oft Akzeptanz, Respekt und Loslassen.
Wenn diese Schritte nicht möglich sind, begleite ich den Klienten, sich in der Reihe der Ahnen zu stellen und ihre stärkende Kraft in all ihren Facetten anzunehmen. Nach diesem Empowering Prozess können wir ins Familiensystem eintreten um dort zu sehen was ist.
- In einigen wenigen Fällen habe ich auch erlebt, dass es an einem verengten Blick auf die Welt und das Leben lag. Einige wenige einfühlsame Sätze haben dann gereicht, um Herz und Blick zu erweitern, und Loslassen und Weitergehen zu ermöglichen.
- Ich habe auch einen Fall erlebt, ein Mann der voll von Licht und Schatten war, mit einem grossen Herzen, der jedoch so sellbst-entfremdet war, dass er über keine Möglichkeiten verfügte, sich von seiner Umwelt und seinen Konzepten über sich selbst abzugrenzen.
Seine Resonanzen mit externen Schwingungsfeldern konnte ich am besten mit Hilfe der Bilder von körperlosen Seelen beschreiben: Seelen, die den eigenen Tod nicht bemerkt oder nicht akzeptiert hatten und bei ihm Zuflucht gefunden haben. Ich diesen Fällen habe ich ihn ermutigt und begleitet, mit diesen "Einheiten" zu sprechen und ihnen zu helfen, den weiteren Weg zu sehen und anzutreten.